Der nahe Osten gefällt mir. Es entstand die Idee, eine Freundin in ihrer Heimat zu besuchen. Gedacht, getan. Tut es auch, ein solcher Kulturaustausch hat nur Gutes.
Am 1.1.2010 flog ich nach Belgrad. Neues Jahr, neue Eindrücke. Die Stadt ist gross, nur noch wenige Spuren zeugen von vergangenen Kriegen. Dank unserem Stadtführer und wandelnden Lexikon Stefan war alles leicht zu erkunden. Wenn man jedoch einfach drauf los läuft, finden sich die gesuchten Eindrücke von alleine. Von Belgrad mit dem Auto nach Loznica, einer kleinen Stadt im Norden des Landes. Nun beginnt eine fremde Welt. Der omnipräsente Geschmack nach Kohle lässt auf rudimentäre Heizungen schliessen. Das Internet ist zwar für viele ein Begriff, Anbindung an die surreale weite Welt aber eher schwierig. Gut so!
Die Leute sind sehr herzlich, unser Empfang grossartig. Liebe geht durch den Magen. So wurden wir als Familienangehörig mit einem grossartigen Essen willkommen geheissen. Ich fühlte mich vom ersten Händedruck an wie zuhause. Vom Serbischen habe ich nichts, bis sehr wenig verstanden und trotzdem konnte ich den Gesprächen oftmals folgen. Geselligkeit und die Familie sind hier oberste Gebote. Auch die Religion und deren Bräuche sind sehr wichtig. Ich durfte an Weihnachten (7. Januar) auch an einigen Feierlichkeiten teilnehmen. Brot über dem Kopf zerbrechen, dem Hausmeister bei seiner Ankunft Maiskörner anwerfen und kurz darauf seine Hand küssen, mit Geld auf dem Armaturenbrett durch die Gegend rasen, die Gebeine des gegrillten Ferkels unter dem Bäumchen auf dem Tisch aufbewahren, Piu Piu rufen und Geschenke im Heu unter dem Tisch suchen,...
Tršić ist das Dorf aus welchem Vuk Stefanović Karadžić stammt. Er war ein wichtiger serbischer Philologe und Sprachreformer der serbischen Schriftsprache. In Belgrad war vieles noch in lateinisch angeschrieben, auf dem Land jedoch mehrheitlich Kyrillisch. Ein malerischer kleiner Ort mit Holzhütten, Mühlen und Bächlein erinnern an diesen legendären Mann und seinen Geburtsort. Dort einen serbischen Kaffee zu geniessen kann ich nur empfehlen.
Zlatibor ein serbischer Touristenort in den Bergen war auch trotz Januar ohne Schnee und relativ warm. Wir konnten gut durch die schöne Steppenlandschaft wandern und die Wintersonne geniessen. Entlang der Drina fahren wir zurück und ich frage mich wie es hier vor rund 100-200 Jahren ausgesehen haben muss. Wahrscheinlich gar nicht viel anders. Oft denke ich mir, hier ist die Zeit stehen geblieben, oder vergeht einfach viel langsamer als bei uns. Melancholie.
Die Fabrik in Loznica aus vergangenen Tagen Milošević Herrschaft hätte ich sehr gerne noch besucht. Natašas Vater arbeitete als Junge dort, wo jetzt alles verlassen ist und auseinander fällt. Das mache ich wohl beim nächsten Besuch.
Wir besuchten noch für eine Nacht Kustendorf. Dieser Ort ist einer vergangenen Zeit in Serbien nachempfunden. Alles ist aus Holz klein und malerisch. Genauso wie es auch oft in Emir Kusturicas Filmen dargestellt wird. Gesehen haben wir Emir auch ganz kurz. Er muss sich wohl gefragt haben, was in uns gefahren ist, nackt ums Häuschen zu rennen. Nur der Jonny Depp fehlte noch.
Bis zum nächsten mal du schönes Land.
Dienstag, 2. März 2010
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"Dank unserem Stadtführer und wandelnden Lexikon Stefan war alles leicht zu erkunden".
AntwortenLöschenMerci, Ruedi. ;)
You should give this to some newspapers or magazine, to get better information about Srbija, not just about politics ;)
Hope we will meet soon. tc